Messerscharfe Portraits
Von der Babywiege bis zum Grabkreuz verziert Josef Fuchs mit seinen Schnitzereien. Spezialisiert hat er sich allerdings auf Portraits auf Holztellern und Weinfässern. Die exportiert er mittlerweile weltweit.
Wenn Josef Fuchs mit seinen scharfen Messern in fremden Gesichtern herumfuhrwerkt, fließt kein Blut. Dafür fliegen Späne. Fuchs portraitiert Menschen. Nicht auf Leinwand oder Papier, sondern auf Holz. Vor knapp zehn Jahren hat er damit begonnen. Eher zufällig: Musikerkollegen der Blaskapelle St. Peter am Ottersbach baten den gelernten Fassbinder damals für ein Hochzeitsgeschenk, ein Bild mit einem Flügelhornspieler zu schnitzen. Ohne Vorlage produzierte er ein Bild, das dem Original Bräutigam so ähnlich war, dass Fuchs begann, sich auf die Portraitschnitzerei zu spezialisieren. Erleichtert wurde ihm die Entscheidung durch den Umstand, dass die Nachfrage für Holzfässer durch die zunehmende Verwendung von Metallfässern rapide zurückging. Seinem Lehrberuf blieb er aber insofern treu, als neben Holztellern kleine 2,5-Liter-Fässer zu den am meisten verwendeten Rohlingen zählen. Das Holz kommt von lokalen Sägewerken, die Fassrohlinge von seinem Gnaser Fassbinderkollegen Johann Hütter. „So hat er was davon und ich auch“, ist er mit der Arbeitsteilung zufrieden. 25 bis 30 Arbeitstunden braucht Fuchs für ein Teller-Portrait (Preis: rund 295 Euro). Ein gutes Augenmaß für die richtigen Proportionen sei notwendig. „Fehler dürfen nicht passieren“, untermauert er die Endgültigkeit seiner „Gesichtsoperationen“. Als Vorlage dienen Fotos. Hauptauftragsgrund sind Jubiläen, Geburtstage, Hochzeiten und andere Familienfeiertage. „Da sind schon auch kitschige Motive dabei – aber wenn’s den Leuten gefällt…“, zeigt er sich für Kundenwünsche aller Art offen. So hat er neben Menschengesichtern auch schon Mähdrescher, Lkw, Fernseher, Rennautos und verstorbene Haustiere in Holz verewigt. Rund 50 Schnitzereien verlassen pro Jahr die knapp 50 Quadratmeter große, idyllisch zwischen Obstplantagen und Wiesen versteckte Werkstatt in Wiersdorf bei St. Peter am Ottersbach. Den Ein-Mann-Betrieb hat er von seinem Vater übernommen. Bilder erinnern an eine Zeit, als nach dem Zweiten Weltkrieg per Eisenbahn Holzfässer aus der Steiermark als Hilfslieferungen nach Russland transportiert wurden. Auf der Exportliste des Sohnes stehen heute andere Länder. Fuchs Portraits gingen schon nach Deutschland, Brasilien, in die USA und die Schweiz. „Ich bin auf vier Monate ausgebucht“, kann er sich über ein dick gefülltes Auftragsbuch freuen. Nicht unwesentlich zur Erhöhung seines Bekanntheitsgrads beigetragen hat ein Auftritt in Harry Prünsters Fernsehshow. Auch ein Münchner TV-Zuseher, hauptberuflich Leibwächter der Dompteur-Stars Siegfried & Roy, wurde so auf Fuchs’ Bilder aufmerksam und bestellte ein entsprechendes Mitbringsel für seine Chefs in Las Vegas. Auch Freddy Quinn, Patrick Lindner und die steirische Landeshauptfrau hat Fuchs schon in Lindenholz verewigt. In einer Detailtreue, die beeindruckt.
Erschienen am Freitag, dem 3. Oktober 2003; Medium: Steirische Wirtschaft